750 Milliarden gegen die Krise


Die Bauzinsen fallen ins Sommerloch - Zinskommentar August 2020


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Das Wichtigste in Kürze:

  • Die EU einigt sich auf einen Hilfsfonds von 750 Milliarden Euro, um die Folgen der Corona-Pandemie abzumildern.
  • Die Europäische Zentralbank behält Nullzinspolitik und das Notkaufprogramm PEPP mit 1,35 Billionen Euro bei.
  • Bauzinsen stagnieren im Juli oder reduzieren sich sogar.

Hinweis: Blau = Verlinkte Fachbegriffe im Miniglossar am Ende des Artikels



Heute kann sich Ihr Traum vom Eigenheim erfüllen.





"Summer in the City" sang die US-Popband "The Lovin' Spoonful" in den 1960ern. Peter Fox verglich noch vor wenigen Jahren die flirrende Hitze im sommerlichen Berlin mit den Tropen: "Unter den Linden heißt unter den Palmen", singt er auf seinem legendären Album "Stadtaffe". Da wo alle wohnen wollen – in den Großstädten – kann man es im Sommer nicht aushalten.

Auch in Coronazeiten treibt es die Menschen raus aufs Land, ans Meer, in die Berge. Dieses Jahr vorzugsweise im Inland. Einige wagten den Flug auf die spanische Insel oder fuhren – eben wie in den 1960ern – mit dem Auto über den Brenner oder auf den Balkan. Was die Urlaubsrückkehrer im Gepäck haben, schürt hierzulande die Angst vor der gefürchteten zweiten Welle.


Aufräumarbeiten nach der ersten Welle


Regierungen und Notenbanken sind noch dabei, die Folgen der ersten Welle wegzuräumen. Inzwischen gibt es auch verlässliche Zahlen zur Konjunkturdelle (siehe Kasten). Die EU ließ sich die Aufräumarbeiten auf einem Sondergipfel mehrere, teilweise regelrecht feindschaftlich durchdiskutiert Tage und Nächte und dann 750 Milliarden Euro kosten.

Am Ende der Diskussionen stand eine Premiere: Erstmals nimmt die Europäische Union als Institution Schulden in großem Umfang auf. Das Geld fließt in einen Wiederaufbaufonds, aus dem die Mitglieder sowohl Kredite als auch – und darüber wurde am heftigsten gestritten – Zuschüsse an die Mitgliedsstaaten verteilt. "In der EU-Historie ist das ein absoluter Rekord für ein neues Haushaltsinstrument", lobte die Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen das Ergebnis.



Die EZB zieht ihr Programm weiter durch


Noch ein paar Tage vor dem EU-Sondergipfel trafen sich am 16. Juli die Mitglieder der Europäische Zentralbank (EZB) zu ihrem letzten Zinstermin vor der Sommerpause. Am Leitzins konnte man nichts machen: Er bleibt bei 0,0 Prozent und die Strafzinsen für Einlagen der Banken bei minus 0,5 Prozent. Bei den Anleihenkäufen verändert sich auch nichts. Das Notkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) hatte bereits im Juni eine Aufstockung auf insgesamt 1,35 Billionen Euro erhalten.


Konjunktur: Die harten Fakten sind da

Vorbei ist die Zeit der Ahnungen, Prognosen und dem Schauen in die Glaskugel. Die Rezession ist da. Wie stark wurde die deutsche Wirtschaft durch die Coronakrise denn nun tatsächlich gebremst? Das Statistische Bundesamt hat Ende Juli die harten Fakten auf den Tisch gelegt. Das Bruttoinlandsprodukt sank im zweiten Quartal 2020 im Vergleich zum Vorquartal um 10,1 Prozent. Doch schon das erste Quartal 2020 war negativ im Vergleich zum letzten Quartal 2019. Im Vergleich zum zweiten Quartal im Vorjahr sank die Wirtschaftsleistung zwischen April und Juni 2020 sogar um 11,7 Prozent. Da gibt es nichts schönzureden: Das ist der größte Absturz seit Beginn der quartalsweisen BIP-Berechnungen in Deutschland: also seit 1970. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2009 stürzte die Wirtschaft infolge der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise "nur" um 4,7 Prozent ab.     


Das Zusammenspiel von Leitzinsen, Anleihen, Pfandbriefen und Bauzinsen


Die Leitzinsen beeinflussen die Baukredite nicht unmittelbar. Das gilt eher fürs Sparen, weil hier der kurzfristig orientierte sogenannte Geldmarkt betroffen ist. Indirekt wirken sich die Leitzinsen aber schon auf den eher langfristig orientieren Kapitalmarkt und damit auch die Bauzinsen aus. Allerdings reicht meist schon die Ankündigung einer Aktion durch die EZB – und die entsprechenden Kursbewegungen beginnen.

Tatsächlich steigt mit Leitzinssenkungen, und übrigens auch Krisen, der Run auf Staatsanleihen – als sichere Investitionsalternative. Bei solchen Anleihen sinkt die Rendite aber, wenn die Nachfrage immer größer wird. Und sinkende Renditen führen dann auch zu sinkenden Zinsen der sogenannten Pfandbriefe, die meist mit Grundstücken oder Immobilien besichert sind. Pfandbriefe sind das wichtigste Instrument der Banken, um ihre Baukredite zu refinanzieren. Wenn die EZB also die Leitzinsen senkt und Staatsanleihen kauft, drückt sie im Umkehrschluss deren Rendite – was zu günstigeren Zinsen führt – sowohl für Pfandbriefe als auch Immobilienkredite.

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Olaf Scholz stärkt der EZB den Rücken


Das Anleihenkaufprogramm der EZB, das sie noch vor der Coronakrise aufgelegt hatte, erregte den Unmut des Bundesverfassungsgerichtes. Das höchste deutsche Gericht wies im Mai die Bundesregierung und den Bundesrat dazu an, die Verhältnismäßigkeit der EZB-Käufe genau zu prüfen. Auf dem Spiel stand die Beteiligung der Deutschen Bundesbank. Am letzten Julitag gab Finanzminister Olaf Scholz der EZB nun Rückendeckung: Die von der EZB der Bundesregierung zugänglich gemachte Verhältnismäßigkeitsprüfung sei nachvollziehbar. Kurz vor knapp, die Karlsruher Richter setzten eine Frist bis zum 5. August, wurde nun beschlossen, dass die Bundesbank bei der EZB weiterhin mitmischen darf.




ImmoScout24-Zinsbarometer




Im Sommer schmelzen die Bauzinsen wie das Eis in der Sonne. Okay, so dramatisch sind die Veränderungen nicht, aber dennoch fallen die Zinsen überwiegend – nur die Darlehen mit der beliebten zehnjährigen Zinsbindung blieben unverändert und machten im vergangenen Monat lediglich eine Seitwärtsbewegung.

Die Kredite mit fünfjähriger Laufzeit sanken um winzige 0,01 Prozentpunkte auf 0,64 Prozent. Die Kurse der Baukredite mit zehnjähriger Zinsbindung hielten sich bei 0,71 Prozent.

Vergleichsweise viel ging es bei den Baukrediten mit 15-jähriger Zinsbindungsfrist in den Keller: Sie sanken um 0,05 Prozentpunkte auf 0,92 Prozent. Die 20-jährigen Darlehen schrumpften um 0,01 Prozentpunkte auf 1,11 Prozent.



*Hinweis: Bei den Zinsen handelt es sich um Durchschnittswerte der bei ImmoScout24 gelisteten Baufinanzierer zum angegebenen Stichtag. Für die Kalkulation wurden folgende Modelldaten verwendet: Angestellte/r, Darlehenssumme: 200.000 Euro, Beleihungsauslauf: 80 Prozent, Tilgungsrate: 3 Prozent.  



Miniglossar - wichtige Fachbegriffe in diesem Artikel


Fed ist die Abkürzung für Federal Reserve. Damit ist die Zentral- oder Notenbank der USA gemeint.

Geldpolitik Darunter versteht man alle Maßnahmen eines Staates, die Geldversorgung und Kreditangebote der Banken zu regulieren, um wirtschaftspolitische Zwecke zu erfüllen. Dahinter steht das Ziel, den Wert des Geldes einer Volkswirtschaft stabil zu halten.

Leitzinsen Diese von der Zentralbank eines Landes festgelegten Zinsen geben an, zu welchen Konditionen sich Kreditinstitute bei der Noten- bzw. Zentralbank Geld leihen können. Sie sind ein wichtiges Steuerungsmittel der Geldpolitik.

Kerninflation: Ein volkswirtschaftliches Konzept, das bestimmte Güter aus der Berechnung der Inflationsrate ausklammert. Dabei handelt es sich meist um die Preisschwankungen für Lebensmittel und Produkte aus dem Energiesektor, die saisonal schwanken, aber deren Preisänderungen nicht auf die Volkswirtschaft selbst zurückzuführen sind.

Ratingagenturen: Dies sind Unternehmen, welche die Kreditwürdigkeit anderer Unternehmen und Staaten bewerten. Ist die Wahrscheinlichkeit von Kreditrückzahlungen hoch, erhalten die betreffenden Unternehmen/Staaten ein gutes Rating. Das höchste wird als "Triple A", also AAA bezeichnet. Zu den bekanntesten Ratingagenturen gehören "Standard & Poor's", "Moody's" und "Fitch".

Rezession: Eine Phase im Konjunkturzyklus (daneben gibt es noch Aufschwung, Boom und Depression). Man spricht üblicherweise von einer Rezession, wenn sich die Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen abschwächt oder zumindest gleichbleibt.

Seitwärtsbewegung: Von Seitwärtsbewegungen spricht man, wenn sich der Kurs oder die Zinsen weder nach oben noch nach unten bewegen, sondern sich gleichmäßig entwickeln. 

Irrtum vorbehalten

Das EZB-Gebäude, davor das Euro-Symbol in blau mit gelben Sternen drumherum

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